Oskar Schwarzer ist mit seinem 800-Meter-Coup der Überraschungs-Mann der deutschen Hallen-Meisterschaften in Dortmund. Homiyu Tesfaye (Silber über 1500 Meter) und Gianluca Puglisi (Dritter im Weitsprung) komplettieren den Medaillensatz für den HLV

  22.02.2021    Leistungssport Wettkampfsport

Die 800 Meter der Männer waren „die“ große Überraschung bei den Deutschen Hallen Meisterschaften in Dortmund. Dass Oskar Schwarzer sehr gut drauf ist und bei den Titelkämpfen um eine Medaille mitlaufen möchte, hatte sein langjähriger Begleiter Dierk Feyerabend ja bereits im Vorfeld angedeutet. Mit dem Titelgewinn hatten aber auch die Experten bestimmt nicht gerechnet. Eine Top-Quote bei einer Wette wäre hier sicher gewesen.

Glasklarer Favorit war Marc Reuther (Eintracht Frankfurt), der in einem „gestrickten“ Rennen mit Tempomacher in dieser Saison bereits starke 1:46,21 Minuten vorgelegt hatte. Diesmal musste Reuther selbst für die Pace sorgen und ging gleich an die Spitze. Nach einer schnellen Anfangsrunde wurden die 400 Meter in 52,26 Sekunden passiert und auch nach 600 Metern lag der Eintrachtler noch vorne. Dann schlossen die Verfolger immer mehr auf. Auf der Zielgeraden zog erst Christoph Kessler (LG Region Karlsruhe) vorbei und sah eigentlich wie der sichere Sieger aus. Schwarzer agierte während des Rennes überaus klug und war immer auf der Höhe des Geschehens. Auf den letzten Metern schaltete der U23er dann den Turbo ein, überlief noch Kessler und holte sich in der neuen Bestzeit von 1:47,63 Minuten sensationell den DM-Titel. Selbst im Freien war der angehende Polizist noch nie so schnell unterwegs gewesen. Als Zweiter unterbot Christoph Kessler (1:47,83 min.) erneut die EM-Norm für Torun. Marc Reuther musste nach 1:48,70 Minuten mit einem für ihn enttäuschenden dritten Platz zufrieden sein. Anfang März werden die Karten für dieses Trio, die Nominierung am Montag sollte so gut wie sicher sein, bei der Hallen-EM gegen sehr starke internationale Konkurrenz dann neu gemischt.

„Ich hatte vor, eine Medaille zu holen, da ich als Drittschnellster gemeldet war. Es hieß, das Beste zu geben. Für mich war es optimal, dass es schnell wurde, so konnte ich am Ende gut kicken. Das Rennen hat genau in meine Karten reingespielt. Ich wusste, dass Marc Reuther und Christoph Kessler nicht unschlagbar sind, aber doch noch ein etwas höhreres Niveau haben als ich. Ich denke, dass es für mich jetzt mit den Europameisterschaften weiter geht. Im Dezember bin ich schon eine gute Zeit gelaufen, das war der erste Beweis, dass ich gut drauf bin, und dann habe ich die Norm geschafft. Jetzt bin ich wieder Bestzeit gelaufen, das fühlt sich gut an. Mein großes Ziel für den Sommer ist die U23-Europameisterschaft“, fasst der erst 21-jährige Groß-Gerauer das Rennen zusammen.

Marc Reuther fasste das Geschehen so zusammen: „Ich wollte von vorne rennen, und die Zwischenzeiten haben auch gepasst. Eigentlich hätte ich das Ding gewinnen müssen. Die Frische hat heute irgendwie gefehlt. Es ist, wie es ist. Chapeau an die Jungs, die mich geschlagen haben. Manchmal muss man so einen Tag akzeptieren.“

Mit der Favoritenrolle ist es manchmal so eine Sache. Eigentlich galt Homiyu Tesfaye, der Neuzugang beim TSV Pfungstadt als der Hauptanwärter auf den DM-Titel über 1500 Meter. Der ehemalige Eintracht-Läufer hatte sich rechtzeitig vom Rest des Feldes abgesetzt und ging mit knapp 20 Metern Vorsprung auf die letzte Runde. Das sollte für den Routinier eigentlich reichen. Doch bei den Verfolgern mobilisierte Marius Probst (TV Wattenscheid) noch einmal die letzten Reserven, holte Meter um Meter auf und fing Tesfaye mit der Saisonbestzeit von 3:40,08 Minuten quasi noch kurz vor der Ziellinie ab und hakte auch die EM-Norm ab. Tesfaye holte mit 3:40,98 Minuten DM-Silber. „Ich wollte alles geben, um mich für die Hallen-EM zu qualifizieren. Ich habe versucht, auf den letzten 800 Metern das Tempo hochzuhalten. Ich bin eigentlich glücklich darüber, jetzt wieder auf der Mittelstrecke zu laufen. Auch in Hinblick auf Olympia möchte ich wieder die kürzeren Strecken laufen“, verriet der gebürtige Äthiopier. Hindernis-Spezialist Karl Bebendorf (Dresdner SC) komplettierte mit 3:43,77 Minuten das Podium und hielt dabei Marvin Heinrich auf Distanz. Der Eintrachtler konnte als Vierter mit 3:44,76 Minuten nicht zufrieden sein.

Bei der Weitenjagd ließ Maximilian Entholzner (LAC Passau) nichts anbrennen und verteidigte mit 7,85 Metern seinen Hallen-Titel von Leipzig. Gianluca Puglisi vom Königsteiner LV, im Vorjahr Vizemeister, war gleich im ersten Durchgang mit 7,70 Metern in Führung gegangen. Bei dieser Weite blieb es für den Medizin-Studenten dann auch und „Bronze“ war ihm sicher. Im dritten Durchgang wurde der KLVler nämlich noch von Simon Batz (LG Landkreis Kelheim) abgefangen. Der U20er flog auf 7,73 Meter und hatte mit dieser neuen Bestmarke DM-Silber sicher.  „Man könnte meinen, dass man mit Bronze zufrieden ist, aber ich bin leider nicht so zufrieden. Ich hatte mit mehr vorgenommen. Es lag auf jeden Fall an technischen Fehlern, aber das muss ich noch mit meinem Trainer durchsprechen. Eigentlich bin ich nämlich super fit und gesund. Die Saison war auf jeden Fall sehr kurz. Ich hatte erst anderthalb Wettkämpfe. Einen in Leverkusen und einen Trainingswettkampf. Das merkt man natürlich, dass da die Routine fehlt. Vielleicht wäre es mit mehr Wettkämpfen besser verlaufen“, verriet der Schützling von Coach Jürgen Sammert. Jüngster Teilnehmer im Feld war Oliver Koletzko (Wiesbadener LV). Der U20er zeigte eine starke Serie mit gleich sechs gültigen Versuchen - alle jenseits von 7,20 Meter. Die beste Weite fiel mit 7,48 Metern gleich zwei Mal, was Platz fünf vor dem weitengleichen Gianni Seeger (TSV Gormaringen) bedeutete. Der Württemberger hatte jedoch die schlechtere zweitbeste Weite. „Mein Anlauf war eigentlich sehr gut. Doch die beiden letzten Schritte vor dem Brett konnte ich irgendwe nicht richtig in Weite umsetzen.  Das ärgert mich schon. Die Serie war zwar gut, doch irgendwie fehlte der Ausreißer nach oben“, berichtet der Gymnasiast.

Beim Hochsprung blieb Philipp Heckmann im Rahmen seiner Möglichkeiten. Der Eintrachtler stieg bei 2,00 Metern in den Wettkampf. Diese und die nächste Höhe (2,05 m) überquerte der Frankfurter gleich im ersten Versuch. Bei den anschließend aufgelegten 2,10 Metern war dann aber Schluß. Die überquerten 2,05 Metern bescherten Heckmann (SB 2,08 Meter) in der Gesamtwertung den siebten Platz.

Ein Bericht von den Wettbewerben der Frauen folgt.

 

Hier das Sieger-Interview von Oskar Schwarzer sowie sein Rennen im Video (Quelle: leichtathletik.de).

 

erstellt von Text & Foto: Jens Priedemuth